Ehrenpreis des Bürgermeisters 2019 (Archiv)
Im Rahmen seines Neujahrsempfanges 2019 verlieh der Bürgermeister der Stadt Schwedt/Oder am 24. Januar den Ehrenpreis an Frau Christa Dannehl und Herrn Sven Ketel.
Christa Dannehl
Tschernobyl – dieser Ortsname steht für eine globale Umweltkatastrophe, aber auch tausendfaches Leid für Menschen, die ihre Heimat verloren haben und den Folge-erkrankungen aufgrund hoher Strahlenbelastungen. Noch heute leiden die in der Krisenregion lebenden Kindern an Lungen- und Blutkrebs, Herz-Kreislauferkrankungen oder aber Behinderungen.
Eines dieser Kinder ist Anastasia Moltschanowa. Besser bekannt als Nastja. Sie wurde 13 Jahre nach der Reaktorkatastrophe mit einem missgebildeten Bein geboren und hätte wahrscheinlich ohne die Schwedter Gruppe des Vereins Solidaritätsdienst International nie gelernt Fahrrad zu fahren, zu schwimmen, zu klettern, Fußball und Volleyball zu spielen.
Insbesondere ihrer Patin, der Schwedterin Christa Dannehl ist es zu verdanken, dass Nastja nicht an den Rollstuhl gebunden ist, sondern dass sie auf dem Weg zum Frau-Sein jedes Jahr mit einer neuen Beinprothese ausgestattet werden konnte. All die Jahre, von 2005 bis 2018, hieß Frau Dannehl Nastja in den Sommerferien bei sich zu Hause willkommen, wo ihr in Schwedt die Prothesen dankenswerterweise vom Sanitätshaus Fuchs übergeben und angepasst wurden und sie die notwendigen Therapien bewältigen konnte. Letztmalig im Sommer 2018. Denn nun ist sie eine selbstbewusste junge Frau, die das Abitur mit Auszeichnung bestanden hat und an der Technischen Universität in Minsk Informatik studiert.
Frau Christa Dannehl hat es gemeinsam mit vielen Partnern, einer ordentlichen Portion Hartnäckigkeit und einer hohen Spendeneinwerbung geschafft, Nastja die Chance auf ein weitgehend normales Leben zu eröffnen.
Gleichzeitig ist es ihr gelungen, das Schicksal der Menschen in der Strahlenzone und die Katastrophe selbst in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. So entstand die Idee einer Aktionswoche, die mit viel Enthusiasmus von ihr und den Mitgliedern von SODI! e. V. seit einigen Jahren umgesetzt wird. Dabei gilt ihr Blick immer den folgenden Generationen. So unterhält sie ein aktives Netzwerk zu vielen weiterführenden Schulen in der Uckermark, wo sie zahlreiche Gesprächsrunden und selbst gestaltete Ausstellungen für die Schülerinnen und Schülern organisiert. Häufig mit dabei, Gäste aus Weißrussland und Experten vom Minsker Institut für Strahlensicherheit, die zu aktuellen Problemlagen und den gesundheitlichen Auswirkungen der Verstrahlung referieren. Auch unsere polnischen Nachbarn nehmen regelmäßig teil und machen deutlich, dass Umweltbeeinträchtigungen nicht an Ländergrenzen halt machen. In diesem Sinn soll die Tschernobyl-Woche viele Denkanstöße geben und vor allem auch junge Menschen anregen, Gewohntes zu hinterfragen.
Ich freue mich, Frau Christa Dannehl, den Ehrenpreis des Bürgermeisters 2019 überreichen zu können und verbinde dieses mit einem herzlichen Dankeschön für ihr vielfältiges soziales und gesellschaftliches Engagement in unserer Stadt.
Sven Ketel
Deutschland zählt in Wissenschaft, Forschung und Technologie weltweit zu den führenden Standorten. Damit wir auch künftig Innovationsvorreiter bleiben und die Herausforderungen des digitalen Wandels meistern, braucht auch die Uckermark kluge Köpfe. Aber zukünftige Ingenieure und Technikerinnen wachsen nicht auf Bäumen!
Intensive Bildungsarbeit nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein; ist sie doch maßgeblich für individuelle Lebenschancen und soziale Teilhabe sowie Integration.
Häufig sind es Personen, die die Kinder und jungen Erwachsenen früh abholen und durch Anfassen, Ausprobieren und Experimentieren einen spielerischen Zugang zur Technik aufzeigen.
Der Schwedter, dem ich heute den Ehrenpreis verleihe, ist nicht nur ein Lehrer aus Leidenschaft; er möchte auch seine eigene Begeisterung für Technik und Naturwissenschaft an möglichst viele Kinder und Jugendliche weitergeben und ihre neu-entdeckten Interessen kontinuierlich fördern.
Genervt vom starren Bildungssystem reifte vor über 10 Jahren in Sven Ketel mehr und mehr der Gedanke mit außerschulischen Projekten den eigenen Schulalltag aufzupeppen. Angespornt von ersten Erfolgen und neuer Ideen gründet er 2008 an der Gesamtschule Talsand die erste Robotik AG, woraus sich das jährliche Robotik-Grundschultrainingslager entwickelt. Quasi ein Kennlern- aber auch Vorbereitungskurs für die Wettbewerbe der First-Lego-League, deren Regionalfinale für Ostbrandenburg seit 2014 am Robotikstützpunkt in Schwedt stattfinden.
Für die Wettbewerbe müssen die Roboter oft neu geplant, gebaut und programmiert werden. Da werden Bauteile zusammengesteckt, geschraubt, gelötet, genagelt oder sogar teilweise mit einem 3D-Drucker gedruckt.
Und die Mühe lohnt sich – vor allem für Sven Ketel. Sein Herz schlägt höher, wenn seine Schützlinge binnen weniger Stunden nicht nur einen komplizierten Lego-Technik-Roboter aufbauen, sondern auch lernen, ihn so zu programmieren, dass er einen Bereich mit lauter Hindernissen durchqueren kann, ohne anzuecken.
Fleiß, Willenskraft und die anhaltende Unterstützung seiner Mannschaft, aber auch zahlreiche Sponsoren und Partner machten es möglich, dass er den Robotikstützpunkt 2016 zu einem Technikstützpunkt für alle Schwedterinnen und Schwedter erweitern konnte. Fortan treffen sich hier begeisterte Technikfreunde zum Auto-, Eisenbahn- und Raketenmodellbau. Aber auch Anleitung und Hilfe bei alltäglichen Problemen mit dem eigenen Computer, bei Holz-, Metall- und Handwerksarbeiten und der Reparatur von Geräten gibt es hier. Die Bürgerwerkstatt war geboren.
Ich danke Sven Ketel für sein bürgerschaftliches Engagement im Bereich Bildung und Technik in unserer Stadt und verleihe ihm daher den Ehrenpreis des Bürgermeisters im Jahr 2019.