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Heinrich Friedrich Belitz

Heinrich Friedrich Belitz
Heinrich Friedrich Belitz Kiel Centennial, Inc / Kiel's heritage: a history of Kiel, 1854–1954 (1954); Colonel Henry F. Belitz, Seite 2; veröffentlicht auf der Internetseite: University of Wisconsin Digital Collections

Lehrer, Volksdemokrat, Auswanderer, Farmer, Unternehmer, Offizier und Anwalt

geboren 16.02.1817 in Schwedt
gestorben 31.05.1878 in Wisconsin

Heinrich Friedrich Belitz wurde am 16. Februar 1817 in der Familie des Maurergesellen Christian Friedrich Belitz in Schwedt geboren. Er war der älteste von sechs Geschwistern. Die Belitz-Familie gehörte der deutsch-reformierten Schlosskirchengemeinde an. Die Mutter, Dorothea Wilhelmine, geborene Nürnberg, sorgte sich sehr um die Bildung ihrer Kinder, ebenso die „treuen Lehrer“ in Schwedt, von denen sein Bruder Julius in seinem Lebenslauf berichtet. Sie weckten in Heinrich Friedrich Belitz den Wunsch, Volksschullehrer zu werden. So bestand er im Sommer des Jahres 1834 am Königlichen Lehrerseminar in Potsdam seine Aufnahmeprüfung mit sehr guten Ergebnissen. Nach dreijährigem Studium stand dann auf seinem Lehramtszeugnis die Bestnote eins. Belitz erhielt danach (1837) die Anstellung als 1. Schullehrer, Küster und Organist in Groß Schönebeck und in der Familie des dort mehr als 50 Jahre tätig gewesenen Lehrers Reyher Verpflegung und Unterkunft im Schulgebäude. In Groß Schönebeck wurde Belitz mit den Verhältnissen des ländlichen Schulwesens konfrontiert. Mit ihm waren für fast 250 Schüler zwei Lehrer vor Ort. Die beiden Schulräume boten keinen ausreichenden Platz. Auf Initiative von Belitz wurde eine dritte Schulklasse mit den jüngsten Kindern gebildet, die in freiwilligen Mehrstunden nachmittags unterrichtet wurden. Der engagierte junge Lehrer Belitz wollte erreichen, dass die Kinder aus Naturkunde, Geographie, Geschichte und Gesetzeskunde soviel erlernen konnten, wie sie für ihr Leben brauchten. Damit geriet er in Konflikt mit den Vorgaben der Regierung, die es als ausreichend ansah, den Kindern die einfachsten Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse zu vermitteln.

Im Mai 1842 heiratete Belitz die verwitwete Tochter des Lehrers Reyher. Kurz darauf erteilte die Königliche Potsdamer Regierung dem Pfarrer des Dorfes die Weisung, den Lehrer Belitz sofort aus allen amtlichen Tätigkeiten zu entlassen. Als Grund führte man die Schwangerschaft der nunmehrigen Frau Belitz vor der Hochzeit an. Diese Entscheidung stieß in Groß Schönebeck auf Unverständnis. 33 Gemeindemitglieder, darunter auch der Schulvorstand und die Schöffen, richteten eine vergebliche Bittschrift an die Regierung, ihn im Amt zu belassen. Mit der Eheschließung war Belitz Schwager des General Karl von Reyher, Sohn des Lehrers Reyhers, geworden. Für seine militärischen Verdienste in den Befreiungskriegen geadelt, trat dieser 1840 in Dienst des preußischen Kriegsministeriums. Obwohl Dorfschullehrersohn distanzierte er sich zum Unverständnis von Belitz völlig von seiner Herkunft. Die Belitz-Familie und der fast 82-jährige Vater des Generals von Reyher mussten Groß Schönebeck verlassen.

Vom Joachimthalschen Schulamt erhielt Belitz eine neue Anstellung in dem Dorf Seehausen am Oberuckersee. Es war ein äußerst armes Gutsdorf. Viele Eltern der hier über 100 Schulkinder waren nicht in der Lage, das von der Königlichen Schulordnung geforderte Schulgeld zu entrichten. Das Schulhaus bot den Schülern auch hier zu wenig Platz, es gab weder für die Kinder noch für die Lehrerfamilie eine Schultoilette. Jedoch nicht nur diese zurückgebliebenen und unwürdigen Schulverhältnisse brachten den Lehrer Belitz in weiteren Konflikt mit dem Regierungssystem. Es war vor allem die Rechtlosigkeit der Menschen in den Dörfern und Städten der Uckermark, selbst für Veränderungen ihrer Lebensverhältnisse sorgen zu dürfen. Dazu kam die wachsende Verarmung der Masse der Bevölkerung. Ende des Jahres 1848 begannen sich in der Uckermark demokratische Vereine zu gründen. Heinrich Friedrich Belitz gehörte zu den Hauptorganisatoren dieser Bewegung für demokratische Rechte der Bevölkerung, die sich zu einer überörtlichen Vereinigung entwickelte: den Uckermärkischen Volksverein. Ein Konflikt mit seinem Schwager Karl von Reyher, jetzt in der Position des Chefs des Generalstabs der preußischen Armee, gab Belitz den Anlass, seine Position klarzustellen: „Ich habe meine Sache auf einen Felsen ge[g]ründet, ich weiß, das ich mit den Kräften, die mir Gott verliehen hat, nur für das Wohl aller meiner Brüder kämpfe, und ich bin bereit in diesen Kampfe alles, selbst das Leben daran zu setzen.“[1] 1851 wurde Belitz von der Königlichen Regierung als Schullehrer für unwürdig erklärt und zur Entlassung aus dem Schulamt verurteilt. In Seehausen erinnert vor dem ehemaligen Dorfschulhaus eine Gedenktafel an ihn.

Um Verfolgung und Haft zu entgehen, wanderte er gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm und einer Anzahl von Bewohnern der Umgebung, aber ohne seine Familie, nach Amerika aus. Er erreichte New York am 26. April 1852. Aus Heinrich Friedrich Belitz wurde Henry F. Belitz. Seine neue Heimat fand er im Staat Wisconsin, Verwaltungsbezirk Manitowoc, am Westufer des großen Michigansees. Er erwarb zunächst eine Farm in der Stadt Hermann, betrieb ein Hotel in Sheboygan und nahm die Stelle eines Freizeitlehrers an. 1853 heiratete er Helene Schlichting. Neun Kinder wurden in dieser Ehe geboren. 1854 begann Belitz Land am Sheboygan-Fluss zu erwerben und errichtete eine Sägemühle um Bauholz für die sich im Aufbau befindliche neue Stadt schaffen. Das Jahr gilt als Gründungsjahr der Kleinstadt Kiel/Wisconsin. Sein erstes Wohnhaus war ein Blockhaus auf einem Hügel am Fluss. Das Belitz-Haus wurde zu einem kulturellen und politischen Treffpunkt. Hier weilte auch Carl Schurz, General im amerikanischen Bürgerkrieg und einige Zeit Innenminister der USA.1856 baute er das Fremonthaus, ein Hotel mit Gastwirtschaft. Im gleichen Jahr wurde Belitz zum Bürgermeister gewählt und 1857 wiedergewählt.

1861, zum Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs, meldete Belitz sich freiwillig zur Armee. Er wurde zum Hauptmann (Capitän) ernannt und bekam 1864 als Oberst (Colonel) die Verantwortung für die Rekrutierung des 45. Freiwilligen Regiment Wisconsins übertragen. Ein Jahr später konnte er den Armeedienst beenden. Henry F. Belitz übernahm zahlreiche Aufgaben und politische Ämter und besaß die Anerkennung und das Vertrauen seiner Mitbürger. So wurde er als Präsidentschafts-Wahlmann für Abraham Lincoln gewählt. Zudem war er viele Jahre Friedensrichter. Nach einem Jura-Studium erhielt er die Zulassung als Anwalt und half den Einwohnern bei der Erstellung amtlicher Dokumente. Er wurde ein großzügiger Wohltäter der Stadt und stiftete das Bauland für die Kirche, für die Errichtung einer Schule und des Friedhofes.

Heinrich Friedrich Belitz bzw. Henry F. Belitz starb am 31. März 1878 mit nur 61 Jahren in Kiel, Wisconsin, USA. In der Stadt, an deren Gründung er maßgebend Anteil hatte, wird er bis heute als „Father of Kiel“ geehrt. „Hätte Colonel Henry Belitz niemals sein Geburtsland Preußen verlassen, dürfte die Stadt Kiel wohl nicht existieren“.[2]

Bearbeitung des Textes Sabine Reyher

 

[1] Falk, Gerhard: Der Uckermärkische Volksverein und die Revolution 1848/49 in den Kreisen Prenzlau und Templin, S. 210, in: Mitteilungen des Uckermärkischen Geschichtsvereins zu Prenzlau, Heft 8, 2005

[2] Rentmeester, Kurt: Kiel plant die Ehrung ihres Gründers, (Kiel aims to honor founder) Col. Henry Belitz Erinnerungsgeschichte, 03.08.1998

 

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