Otto Borriss
Lehrer, Heimatforscher, langjähriger Leiter des Schwedter Heimatmuseums
geboren 30.12.1881 in Stargard
gestorben 10.11.1975 in Schwedt
„Unsere Zeit geht nicht langsam. Sie macht große Schritte. Daher taucht viel von der sogar nächsten Vergangenheit bereits in das Meer des Vergessens.“ (Otto Borriss)
Otto Borriss besuchte das humanistische Gymnasium in seiner Vaterstadt. Danach studierte er am Lehrerseminar in Marienburg/Westpreußen und fand 1902 eine Anstellung in der kleinen Stadt Vandsburg (Kreis Flatow). Neben seiner obligatorischen Lehrertätigkeit lehrte er an der gewerblichen staatlichen Fortbildungsschule im Ort, deren Leiter er später wurde. Dafür bildete er sich technisch in verschiedenen Kursen weiter, so in einer Meisterschule für Tischler und Stellmacher im damaligen Gumbinnen und in Breslau in der Maschinenbauschule.
Mit dem Ausgang des Ersten Weltkrieges wurde Vandsburg polnisches Gebiet. Für Otto Borriss ergab sich 1919 ein neues Wirkungsfeld in Schwedt. Er unterrichtete zuerst in der Mädchen-Mittelschule, nach deren Auflösung an der Knabenvolksschule. Von 1924 bis 1928 war Otto Borriss ehrenamtliches Mitglied des Magistrats in Schwedt. Er war in dieser Funktion für die Parkanlagen, den städtischen Friedhof und den Schlachthof zuständig. Gleichzeitig leitete er den Lehrerverein Schwedt und Umgebung.
Im Jahr 1930 vollzog sich fast unbemerkt im geschäftigen Leben und Treiben der Stadt ein bedeutsames kulturelles Ereignis. Mit einer Gruppe von Freunden gründete Otto Borriss im Oktober das Heimatmuseum und schuf damit einen Ort zur Sammlung heimatgeschichtlicher Gegenstände und Erforschung der Geschichte der Stadt Schwedt und ihrer Umgebung. Gleichzeitig gehörte er von Beginn an zu den Autoren der „Schwedter Heimatblätter“, die als Beilage des Schwedter Tageblattes erschienen und mit immensem Forschungsaufwand Beiträge zur Stadtgeschichte publizierten.
Im Juli 1945 war er einer der ganz wenigen Lehrer in Schwedt, die nicht Mitglied der NSDAP gewesen waren. Er wurde mit dem Aufbau der neuen Schule vom damaligen Bürgermeister Ziegelsdorf betraut. Unter schwierigsten Bedingungen, auch persönlichen, denn im selben Jahr verlor er seine Frau, gelang es ihm, dass am 01.10.1945 der Unterricht in der ehemaligen Mädchenschule wieder aufgenommen werden konnte. Gleichzeitig bildete er die Neulehrer aus und gründete einen Schulchor.
Otto Borriss war ein Pädagoge aus Berufung und verfügte neben breit gefächertem Fachwissen auch über Verständnis für die Schüler, die sich immer wieder gern an ihn erinnern. Leere Gesten und politisches Wortgeprassel waren nicht seine Sache.
1952 schied er nach 50-jähriger Lehrtätigkeit 71-jährig aus dem Schuldienst aus, blieb aber bis zu seinen Tod 1975 eng und aktiv der Heimatgeschichte verbunden. Er leitete bis 1965 ehrenamtlich das Schwedter Stadtmuseum und veröffentlichte Artikel zu heimatkundlichen Themen im Angermünder Heimatkalender (damals Kreisstadt).
Unter dem Geleit seiner einstigen Neulehrer und der ehemaligen Schüler des ersten und zweiten Abiturjahrganges wurde er 1975 in Greifswald beigesetzt.
Otto Borriss war ein Meister seines Fachs, als Lehrer und als Heimatforscher.
Auswahl von Veröffentlichungen: Neuherausgabe des Lebensbildes der „Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, Leopoldinde Marie“ (von A. v. Wissleben, Schwedt, 1931), „Die Gedächnishalle zu Schwedt" (Schwedt, 1928), „Schloss Schwedt“ (1930), „Tabakanbau und Tabakhandel 1924–1940“ (Schwedter Heimatblätter, 1940)