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Familie Oppenheimer

Foto: Stolperstein von Oppenheimer
Stolperstein von Oppenheimer

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Transkript

„Seven girls, one boy“ (DE) Maria Anna Margarete Oppenheimer. Geboren am 26. November 1907 in Schwedt. Eine von acht Geschwistern, die eigentlich keine Juden waren und trotzdem ein schreckliches Schicksal erleiden mussten.

Clara Magdalena Lewinsohn war die Mutter der „Seven sisters and one boy“. 1905 hat sie den Vater ihrer Kinder, Ernst Oppenheimer, gleich zwei mal geheiratet. Einmal kirchlich und einmal standesamtlich. Kurz darauf, im Oktober 1905, bekamen sie ihr erstes gemeinsames Kind, Elisabeth, genannt Lisbeth oder Lisa. Diese arbeitete Tag und Nacht, konzentrierte sich auf die Gegenwart und war intelligent, freundlich, sehr bescheiden, weise und gewissenhaft, sowie akademisch begabt.

Im November 1906 erblickte Hanna das Licht der Welt. Sie wurde stark von Lisa beeinflusst und war schlau, lebhaft, selbstbewusst, unbeschwert und natürlich. Des Weiteren kümmerte sie sich um alle anderen, benötigte jedoch viel Aufmerksamkeit und wurde von ihrer Familie bewundert.

Im darauffolgenden Jahr, am 26. November 1907, wurde Maria Anna Margarete in Schwedt geboren. Von allen anderen, bis auf ihren Vater, wurde sie ihr Leben lang bei dem Spitznamen „Mücke“ gerufen. Ein eigentlich nicht erwünschtes Kind, was später zur Freude der ganzen Familie beitrug. Eine anscheinend jüdische Familie ließ ihr Kind christlich taufen. Doch auf Maria werden wir später nochmal genau zurückkommen.

Nun wollen wir erst einmal die weiteren Geschwister vorstellen. Anfang 1909 wurde das vierte Kind, Magdalena, geboren. Sie wurde nach der Bibel benannt, wegen ihrer blonden Haare jedoch „Goldchen“ gerufen. Sie hatte große, gütige blaue Augen, folgte in der Schule dem Beispiel von Hanna und Mücke, verhielt sich jedoch egoistisch. Später wollte sie ihre Eltern überzeugen einen Juden heiraten zu dürfen.

Zwei Jahre später, im Jahre 1911, erblickte der erste Junge, Christoph, das Licht der Welt. Dieser wurde „Kiki“, was „Schweinchen“ bedeutet, genannt. Er lebte einsam und isoliert und wurde nicht gut behandelt, belästigt und geneckt, sodass seine Schwestern sich heute fragen, wie er das Ganze überhaupt überleben konnte. Christoph machte Einkäufe für die ganze Familie, hatte ein großes Herz für Tiere, war in der Schule jedoch nicht talentiert und wurde deshalb für faul und stur gehalten. Trotzdem hatte er dort viele Freunde, ein großes Talent für das Turnen und entschied sich später in die Landwirtschaft einzutauchen.

Im September 1914 kam dann das sechste Kind, Dorothea, zur Welt. Ihr Name bedeutet „Geschenk Gottes“, genannt wird sie jedoch Dorli oder Dorchen. Sie hat sich gegen ihre älteren Schwestern gewehrt und hatte immer eine große Klappe, musste das letzte Wort haben, hatte ein hitziges Temperament und war oft wütend und frech. Da sie das Lieblingskind des Vaters war, bekam sie alles was sie wollte und hatte oft Ärger mit ihren Schwestern, da diese neidisch waren.

Zwei Jahre später, im März 1916, beglückte Ruth Charlotte, genannt Ruthchen, die Familie. Sie sagte nicht viel und wurde oft vergessen. In der Schule war sie jedoch nicht mehr schüchtern, aber faul. Dennoch benahm sie sich immer gut, war bescheiden und gelassen.

Das letzte der acht Kinder, Ursula, genannt Ursel, wurde im September des darauffolgenden Jahres geboren. In ihren Kindheitsjahren ist sie mehrere Male dem Tod knapp entkommen, unter anderem wurde in ihrem Zimmer der Gashahn offen gelassen und sie wurde fast von einem Auto überfahren. Sie war die Jüngste und somit wurde sie von allen verwöhnt, jedoch war sie faul und eitel und nahm Kritik nicht auf die leichte Schulter. Ihr Talent war es andere zum Lachen zu bringen. Außerdem war sie die einzige aus der Familie die konfirmiert wurde.

Doch nun zurück zu Maria. Maria war ein stolzes, stures und schamloses Kind. Sie verließ die Schule zwei Jahre vor ihrem Abschluss, um als Dienstmädchen in Prenzlau zu arbeiten. Sie reiste mit ihren Eltern nach Guben, um eine Ausbildung zur Krankenpflegerin zu machen und beschloss dann Diakonisse, eine Schwester der evangelischen Kirche, eine protestantische Nonne, zu werden. Auch wenn sie für ihre Arbeit nicht bezahlt wurde, entwickelte sie eine Liebe dafür, sich um die Patienten zu kümmern.

In Prenzlau arbeitete sie mit Kindern und alten Leuten, musste dann jedoch Köchin und später Gärtnerin werden, weil sie erst die Patienten nicht mehr behandeln und dann auch nicht mehr bekochen durfte. Später wurde sie dann entlassen und kehrte zurück nach Schwedt. Dort sammelte sie Abfall auf den Straßen um Schweine füttern zu können. Sie hatte die Möglichkeit nach Schweden zu gehen, wollte jedoch in Deutschland bleiben und sich um ihre Eltern kümmern.

Einen Tag bevor sie von den SS-Leuten abgeholt wurde, sollte sie ihre Sachen packen, weil Freunde und Familie gesagt haben, dass sie in den nächsten Tagen abgeholt werden wird. Aber sie hat nicht auf sie hören wollen und hat sich geweigert. Am 14.04.1942 wurde sie dann nach Warschau ins Ghetto deportiert. Das letzte Lebenszeichen erhielt ihre Familie im Juli 1942, als eine Postkarte aus dem Ghetto ankam, das war kurz bevor die Massentransporte in die Konzentrationslager anfingen.

Angeblich ist sie durch einen Schlag mit einer Schaufel auf den Kopf durch einen SS-Mann gestorben, weil sie sich für jemand anderen im Ghetto eingesetzt hat. Das ist jedoch nicht ganz sicher. Die Familie Oppenheimer musste während des Nationalsozialismus ein schreckliches Schicksal erleiden und ist bis heute über die ganze Welt zerstreut. Von Australien, über Israel, bis nach England, Schweden und Amerika.

Aus der Familie haben glücklicherweise alle, bis auf Maria Anna Margarete Oppenheimer, indem sie sich in andere Länder flüchten konnten, überlebt. Ein schreckliches Schicksal für die Familie, obwohl sie eigentlich gar nicht jüdisch waren, denn bereits der Großvater ist zum Christentum konvertiert und trotzdem wurden sie von den Nationalsozialisten verfolgt.

Bis jetzt stehen Sie nur vor dem Stolperstein von Maria Oppenheimer, jedoch hoffen wir, dass Sie hier in naher Zukunft auch Stolpersteine für die anderen Familienmitglieder vorfinden werden.

Audio English

transcript

Maria Anna Margareta Oppenheimer

Maria Anna Margarita, born November 26th, 1907, was one of eight siblings, who were not actually Jews and still had to suffer a terrible fate.

Clara Magdalena Levinson was the mother of the "Seven Sisters and one boy." In 1905, she married the father of her children twice — once in church and once civilly. In October 1905, they had their first child together, Elizabeth, called Lisbeth or Lisa. She worked day and night, focused on the present, and was intelligent, kind, very humble, wise, conscientious, and academically gifted.

In 1906, Hannah was born. She was strongly influenced by Lisa and was smart, lively, confident, carefree, and natural. She took care of everyone else but needed a lot of attention. She was admired by her family.

The following year, on November 26th, 1907, Maria Anna Margareta was born in Schwedt. She was nicknamed “Mosquito” all her life. Though initially unwanted, she later brought great joy to the family. An apparently Jewish family had her baptized as a Christian — a decision we will revisit later.

At the beginning of 1909, the fourth child, Magdalena, was born. She was named after the Bible but was called “Goldchen” because of her blonde hair. She had big, kind blue eyes, followed the example of Hannah and Maria in school but behaved selfishly. Later, she wanted to convince her parents to let her marry a Jew.

Two years later, in 1911, the first boy, Christoph, was born. He was called “Kiki,” which means “Piggy.” He lived alone and isolated, was not treated well, and was harassed and teased — so much so that his sisters later wondered how he survived at all. Christoph did shopping for the whole family, had a big heart for animals, but wasn’t talented at school and was seen as lazy and stubborn. Nevertheless, he had many friends and was talented in gymnastics. He later went into farming.

In September 1914, the sixth child, Dorothea, was born. Her name means “gift of God,” but she was called “Dorli” or “Dorchen.” She fought back against her older sisters, always had a big mouth, had to have the last word, a hot temper, and was often angry and cheeky. As the father's favorite child, she got everything she wanted, which often led to tension with her jealous sisters.

Two years later, in March 1916, Ruth Charlotte, called “Ruthchen,” brought happiness to the family. She didn’t say much and was often forgotten. In school, she was no longer shy but lazy. Still, she always behaved well, was modest and calm.

The last of the eight children, Ursula (called “Ursel”), was born in September 1917. In her childhood, she narrowly escaped death several times — once from a gas leak in her room and another time when she was nearly run over by a car. As the youngest, she was spoiled by everyone but was lazy and vain and didn’t take criticism well. Her talent was making others laugh. She was also the only family member to be confirmed.

Now back to Maria. Maria was a proud, stubborn, and shameless child. She left school two years before graduation to work as a maid in Prenzlau. She traveled with her parents to Guben to train as a nurse and then decided to become a deaconess — a Protestant sister in the Evangelical Church. Though unpaid, she developed a love for caring for patients.

In Prenzlau, she worked with children and the elderly. Later, she had to become a cook and then a gardener, as she was first no longer allowed to treat patients, then not even cook. Eventually, she was dismissed and returned to Schwedt, where she collected garbage from the streets to feed pigs. She had the opportunity to go to Sweden but chose to stay in Germany to care for her parents.

The day before the SS came for her, friends and family warned her to pack her things, but she refused to listen. On April 14, 1942, she was deported to the Warsaw Ghetto. The last sign of life her family received was in July 1942, when a postcard arrived from the ghetto — shortly before the mass transports to concentration camps began.

Allegedly, she died from a blow to the head with a shovel by an SS man because she stood up for someone else in the ghetto. However, this is not confirmed.

The Oppenheimer family suffered a terrible fate under National Socialism. Today, they are still scattered across the world — from Australia to Israel, England, Sweden, and America. Fortunately, all family members except Maria Anna Margareta Oppenheimer survived by fleeing to other countries. A terrible fate for a family that wasn’t even Jewish — their grandfather had already converted to Christianity. And yet, they were still persecuted by the Nazis.

So far, you are only standing in front of Maria's Stolperstein (stumbling stone). But we hope that soon there will be stumbling stones here for the other family members too.

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