Stolpersteine 2018
Am Dienstag, dem 20. März 2018, wurden sechs „Stolpersteine“ in Vierraden und der Schwedter Innenstadt verlegt.
Die Apotheke in der Neuen Straße 5 in Vierraden war für das Ehepaar Croner 1930 ein Neustart. Im Januar 1937 zwang ihn der Regierungspräsident die Apotheke zu verpacken. Der Pächter brauchte nur das Warenlager und die Einrichtung, jedoch nicht das Grundstück zu übernehmen. Dadurch sank das Einkommen des Ehepaars Croner unter das Existenzminimum. Der Apotheker gab ab 15. März 1937 seine Konzession zurück. Sie wurde neu ausgeschrieben und am 11. September 1937 neu vergeben. Die Bemühungen Croners dem neuen Apotheker das Grundstück zu verkaufen, blieben erfolglos. Die Stadtapotheke wurde an einen neuen Standort verlegt. Erich Croner wurde berufliche und menschlich ausgrenzt. Er hatte keine Einkünfte und musste die ständigen Repressalien durch die SA und die NSDAP im Ort ertragen. Dann kam der Abholungsbefehl. Die Polizei fand ihn am 8. Juni 1938 liegend auf dem Fußboden des ehemaligen Apothekenraumes. Er hatte eine giftige Substanz eingenommen. Man nahm ihn mit nach Schwedt. Der leitende Arzt des Städtischen Krankenhauses stellte am gleichen Tag die Sterbeurkunde aus. Es ist nicht bekannt, wo er beigesetzt wurde. Seine Frau floh in die Anonymität der Großstadt.
Erich Croner
Jg. 1889
Apotheke arisiert
Gedemütigt, entrechtet
Flucht in den Tod
8.6.1938
Neue Straße 5, Vierraden
verlegt am 20. März 2018
Hertha Croner, geb. Bennert
unfreiwillig verzogen 1938 Berlin
Schicksal unbekannt
Neue Straße 5, Vierraden
verlegt am 20. März 2018
Die Worte des Gedenkens sprach Anita Lemke, Heimatverein Vierraden e. V.
In der Bahnhofstraße 12 (heute: Bahnhofstraße 18) lebte die Familie Oppenheimer. Maria Margarete Oppenheimer, die Tochter des angesehenen Studienrates Ernst Oppenheimer, arbeitete als Diakonisse im Naëmi-Wilke-Stift in Guben tätig. Aufgrund der Rassengesetzgebung stuften die Nationalsozialisten die evangelische Familie Oppenheimer als nicht arisch ein. Ende 1941 wurde Maria entlassen und kehrte in das Elternhaus nach Schwedt zurück. Am 14. April 1942 holte sie ein SS-Mann ab. Über die Berliner Sammelstelle und Schlesien gelangte sie ins Warschauer Ghetto und wurde dort erschlagen. Wenige Tage nach der Gefangennahme der Tochter verstarb ihr Vater Ernst Oppenheimer in Schwedt.
Maria Margarete Oppenheimer
Jg. 1907
deportiert 1942 Warschauer Ghetto
ermordet
Bahnhofstraße 12 (heute: Bahnhofstraße 18)
verlegt am 20. März 2018
Die Worte des Gedenkens sprach Ursula Dittberner, Mitarbeiterin der Städtischen Museen Schwedt/Oder.
In der Berliner Straße 20 (heute: Berliner Straße 43) befand sich das Kaufhaus der Familie Rosner. Aus der Zwangslage des Boykottes jüdischer Geschäfte heraus verkaufte Rosner das Grundstück am 5. August 1938. Der Verkaufserlös stand jedoch unter Sicherheitsanordnung und konnte nicht für eine Flucht aus Deutschland verwendet werden. Das Ehepaar ging nach 1938 nach Berlin. Von dort wurden die beiden am 9. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Telma Rosner starb dort am 3. Mai 1944 und Julius Rosner am 6. Juni 1944. Ihre Stolpersteine liegen bereits vor dem Haus. Die Töchter Hertha und Elli wurden mit dem Zug, der in Hamburg eingesetzt wurde, über Bielefeld fuhr und in Berlin hielt, nach Auschwitz deportiert. Dort starben sie am 11. Juli 1942. Mit der Verlegung der Steine für die Töchter wird die Familie wieder zusammengeführt.
Herta Rosner, verh. Rosner
Jg. 1903
deportiert 1942
ermordet in Auschwitz
Berliner Straße 20 (heute: Berliner Straße 43)
Elli Rosner, verh. Sichel
Jg. 1909
deportiert 1942
ermordet in Auschwitz
Berliner Straße 20 (heute: Berliner Straße 43)
Die Worte des Gedenkens sprach Detlef Klemer, Mitglied der Arbeitsgruppe Stolpersteine.
In der Fischmarkstraße (heute: Am Kanal, am Giebel Nr. 11) wurde ein Stolperstein in Erinnerung an Gertrud Götzer verlegt. Sie war eine Tochter von Klara, geb. Wangenheim und Josef Götzer. Gertrud und ihre drei Schwestern, Hedwig, Lina und Martha, wurden in Schwedt geboren und lebten bis zu ihrer Heirat in der Oderstadt. Gertrud Götzer heiratete Martin Hopp, lebte mit ihm in Berlin und bekam 3 Kinder: Willi, Klara und Lotte. Die Ehe wurde später geschieden und Gertrud zog bei ihrer Schwester Lina und deren Mann Max in Berlin-Altglienicke ein. Aus dieser Wohnung wurde sie im April 1942 von der Gestapo abgeholt und nach Raasiku in Estland deportiert.
Gertrud Götzer, verh. Hopp
Jg. 1879
deportiert 1942
auf Transport nach Raasiku
tot September 1942
Fischmarkstraße (heute: Am Kanal, am Giebel Nr. 11)
Die Worte des Gedenkens sprach Christiane Köhler, Journalistin und Mitglied der Arbeitsgruppe Stolpersteine.